Dr. Marius Strubenhoff

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Bürokratieabbau: Schafft das Lieferkettengesetz ab!

Marius Strubenhoff, Reinickendorf, Wirtschaft

Egal, wohin man in der Welt in den vergangenen Jahrzehnten gereist ist: Stets begegnete einem Bewunderung für die Wirtschaftsleistung Deutschlands, unsere Industrie und ihre Produkte. Wenn die letzten Monate jedoch eines gezeigt haben, dann ist es dies: Diese Erfolgsgeschichte seit der Nachkriegszeit ist nicht gottgegeben. Volkswagen, Bayer, BASF, Thyssenkrupp – das ist längst nicht mehr nur eine Aufzählung von Erfolgsmodellen. Und auch die Meldungen aus dem Mittelstand sehen aktuell kaum besser aus.

 

Das liegt nicht an allen denen, die in diesem Land früh morgens aufstehen und sich an die Arbeit machen. Vielmehr muss sich die Politik die Frage gefallen lassen, was sie eigentlich in den letzten Jahren zum Standort Deutschland beigetragen hat. Noch mehr: Die Frage muss lauten, ob sie der Wirtschaft nicht sogar aktiv im Weg gestanden hat – und dies weiterhin tut.

 

Ein markantes Beispiel dafür, wie der deutschen Wirtschaft Steine in den Weg gelegt werden, ist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und sein europäisches Pendant, die EU-Lieferkettenrichtlinie. Als jemand, der sich besonders für außenpolitische und außenwirtschaftspolitische Themen interessiert, treibt mich dieses Thema besonders um.

 

Die Motivation hinter diesen Initiativen ist gut gemeint: Konkret geht es darum, deutsche und europäische Unternehmen zum Einhalten von Umweltstandards und Menschenrechten zu bringen. Das ist grundsätzlich sinnvoll: Meldungen über Menschenrechtsverstöße wie beispielsweise in der chinesischen Uiguren-Provinz Xinjiang und Debatten über die Rolle deutscher Unternehmen wie Volkswagen vor Ort sind ernst zu nehmen.

 

Doch in der Politik bewahrheitet sich oft, dass gut gemeint nicht automatisch sinnvoll ist – und das gilt besonders bei dem Thema Lieferketten.

 

Was unsere Unternehmen dazu anhalten soll, Menschenrechte und Umweltstandards in ihren Betrieben und denen ihrer Zulieferer im Auge zu behalten, erweist sich in der Praxis als Hemmnis für Investitionen und Wettbewerbsnachteil gegenüber Unternehmen aus Ländern wie Russland oder China, deren Regierungen diese Dinge herzlich egal sind. So besteht die Gefahr, dass das genaue Gegenteil erreicht wird: Deutsche Unternehmen werden es sich zukünftig dreimal überlegen, bevor sie im Ausland investieren. Sie überlassen das Feld damit immer mehr Unternehmen, bei denen die Verhältnisse um ein Vielfaches schlechter sind – und das schon vor Einführung des Lieferkettengesetzes.

 

Der Rückzug des Bauunternehmens STRABAG aus Afrika ist ein trauriges Beispiel dafür, dass dieser Prozess bereits begonnen hat. Mit Hinweis auf das deutsche Lieferkettengesetz überlässt der Konzern nun chinesischen Konkurrenten den Bau von Infrastruktur in Afrika. Ist den Menschenrechten und Umweltstandards in Afrika damit gedient?

 

Dieser selbstauferlegte Rückzug aus der Weltwirtschaft ist auch ein außen- und menschenrechtspolitisches Problem. Denn mit unserer Wirtschaftskraft steigt und fällt das Gewicht, das wir in der Welt haben – und damit unsere Fähigkeit, unsere Überzeugungen in Menschenrechtsfragen, im Klima- und Umweltschutz und zum Schutz der Demokratie durchzusetzen. Die Lieferkettengesetze auf deutscher und europäischer Ebene leisten uns dabei einen Bärendienst.

 

Damit nicht genug: Für die deutsche Wirtschaft sind die Regelungen ein bürokratisches Monstrum. Jedes Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten unterliegt dem Gesetz. Was für Großkonzerne gerade noch zu bewerkstelligen ist, erweist sich für den Mittelstand als prohibitives Investitionshemmnis für Auslandsinvestitionen.

 

Am Ende gibt es nur Verlierer: Der deutschen Wirtschaft werden Chancen auf der Welt geraubt. In den Ländern unserer potenziellen Partner werden Arbeitsplätze verhindert, die es sonst hätte geben können.

 

In der deutschen Politik ist daher nach der Bundestagswahl ein Umdenken gefordert. Das deutsche Lieferkettengesetz muss umgehend wieder abgeschafft werden.

 

Bis Mitte 2026 hat Deutschland zusätzlich Zeit, die Vorgaben der EU-Lieferkettenrichtlinie in deutsches Recht umzuwandeln. Dabei muss der Grundsatz gelten: Weniger ist oft mehr. Parallel dazu sollten wir uns auf EU-Ebene für eine generelle Abschaffung des Gesetzes stark machen. Nur so werden wir eine wirkliche Wirtschaftswende in Deutschland und Europa erreichen. Und dafür ist es höchste Zeit.